Zwischen September 2018 und Juli 2019 wurden insgesamt 12 Brandanschläge auf linke Projekte in Frankfurt, Hanau und Schwalbach am Taunus verübt.
Bei einigen Bränden waren Bewohner*innen in großer Gefahr gewesen und es entstand ein Sachschaden von weit über 200.000 Euro. Dass die Angriffe nicht dazu führten, dass Existenzen dauerhaft zerstört wurden, ist einzig dem solidarischen Zusammenhalt der Linken zu verdanken.
Bei zwei Brandstiftungen dieser Serie wurde der heute 47-jährige Frankfurter Joachim S. auf frischer Tat erwischt und der Polizei übergeben. Jeweils am nächsten Tag wurde er auf freien Fuß gesetzt. Es ist davon auszugehen, dass S. für die gesamte Serie verantwortlich ist.Am 21. Oktober 2019 wurde S. nach mehreren Brandstiftungen im Frankfurter Stadtteil Seckbach (die nicht gegen linke Projekte gerichtet waren) in der Nähe der Brandorte festgenommen, ihm hafteten – so die Polizei – Brandspuren an. Doch kurze Zeit später war er wieder frei. Am 8. Dezember 2019 wurde Joachim S. dann doch verhaftet, seitdem befindet er sich in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen, zwischen September 2019 und Dezember 2019 im Frankfurter Stadtgebiet insgesamt 19 Brände gelegt zu haben. Unter anderem soll er versucht haben, eine Scheune und ein Wohnhaus anzuzünden.
Dass Joachim S. erst im Dezember 2019 in Untersuchungshaft kam, ist nicht die einzige Fragwürdigkeit im Umgang der Behörden mit ihm und den Anschlägen. So hielt die Polizei es nach dem Anschlag auf das Autonome Kulturzentrum Metzgerstraße in Hanau am 21. Dezember 2019 eine Spurensicherung nicht für notwendig. Die Bewohner*innen mehrerer betroffener Häuser wurden nie nach dem mutmaßlichen Täter befragt.
Eine Aufklärung der Anschlagsserie gegen die linken Projekte scheint nicht im Interesse der Polizei und der Staatsanwaltschaft zu sein. So teilte die Hanauer Oberstaatsanwältin Gabriele Türmer am 15. April einem Journalisten mit, dass die Ermittlungen zum Brandanschlag auf einen Bauwagen auf dem Gelände des Hanauer Wohnprojekts Schwarze Sieben am 3. Dezember 2018 eingestellt worden seien. Dass die Betroffenen und ihre Anwältin aus der Presse von der Einstellung erfuhren, ist bezeichnend.
Am 3. Juni 2020 antwortete das Hessische Ministerium des Innern und für Sport auf einen Berichtsantrag des Linken-Angeordneten Hermann Schaus, der nach »Gewalt-, Bomben- und Morddrohungen durch rechte Gruppierungen und/oder Neonazi-Szene in Hessen sowie Anschläge auf linke Wohnprojekte« gefragt hatte. In dem Dokument (»Ergänzung der Ausschussvorlage INA 20/7«) führt das Ministerium für 2018 die Anschläge auf den Knotenpunkt in Schwalbach (14.09.), auf die AU und das Assenland in Frankfurt (13.11.), auf die Schwarze Sieben in Hanau (03.12.), auf das ExZess in Frankfurt (9. und 10.12.) und auf das Lila Luftschloß (12.12.) auf. Jedoch: Der Anschlag im Zentrum Metzgerstraße, am 21.12. bei dem Joachim S. während des Publikumsverkehrs am Kneipenabend in einem Nebenraum Feuer gelegt hatte, fehlt in der Auflistung. Es bleibt gar unklar, ob deswegen überhaupt noch ermittelt wird.
So ist derzeit davon auszugehen, dass die Staatsanwaltschaft im bevorstehenden Prozess gegen Joachim S. nur die Brandserie vom Herbst 2019 anklagen und die Brandstiftungen an den linken Projekte nicht einbeziehen wird. Es zeichnet sich ab, dass auch die Staatsanwaltschaft versuchen wird, den Täter als »unpolitischen« Pyromanen zu pathologisieren um die Anschlagsserie im »unpolitischen« Raum verschwinden zu lassen.
Es wäre ein weiteres Beispiel dafür, wie in Hessen rechte Angriffe entpolitisiert werden und juristisch unaufgearbeitet bleiben.